Europa-Reservat Kühkopf-Knoblochsaue
Das Europa-Reservat
Kühkopf-Knoblochsaue im Kreis Groß-Gerau ist das größte
Naturschutzgebiet in Hessen.
Teile des 2.440 Hektar großen Gebiets
wurden bei der Rheinregulierung durch den hessischen Wasserbaudirektor
Dr. Claus Kröncke
1828/1829
vom Hauptstrom getrennt. Bis
1945 gehörte das abgetrennte Gebiet zur Gemarkung
Guntersblum. Der Grundbesitz blieb aber bei den Guntersblumer
Landwirten. Mit der letzten
Gierfähre über den Rhein konnten die Landwirte ihre Felder auf der
(heutigen)
Insel Kühkopf erreichen.
Die besondere
ökologische Bedeutung wurde bereits vor über 50 Jahren erkannt und
das Gebiet am
20. März
1952 unter
Naturschutz gestellt. Mittlerweile trägt es das
UNESCO-Prädikat „Europareservat“ und ist durch die
Richtlinie „Flora, Fauna, Habitat“ der
Europäischen Union zusätzlich geschützt.
Die ausgedehnten Sumpfgebiete in der
Auenlandschaft mit Gras-, Schilf- und Hartholzgewächsen bieten einen
Rast- und Brutplatz für zahlreiche Vogelarten. Ein Dammbruch von
1983 wurde nicht behoben, die Landwirtschaft wurde aufgegeben und
die Flächen sind regelmäßigen Überflutungen des Rheins ausgesetzt.
Die
Binneninsel Kühkopf kann über die Fußgängerbrücke in
Erfelden (Riedstadt)
oder über die Brücke in
Stockstadt am Rhein erreicht werden. Von dort aus sind auch das
Hofgut Guntershausen und das angegliederte Informationszentrum bequem zu
erreichen. Von der linksrheinischen Seite aus ist die Insel mit einer
Personenfähre von
Guntersblum aus zu erreichen. Diese verkehrt an Sonn- und Feiertagen
von Ostern bis Ende Oktober von
Guntersblum aus.
In der Knoblochsaue steht die
Schwedensäule, die an den Rheinübergang des
Schwedenkönigs
Gustav Adolf am
7. September
1631 während des
Dreißigjährigen Krieges erinnert.
Auf dem Kühkopf wurde bis 1994
Erdöl gefördert. Zur Erinnerung steht am Hofgut Guntershausen noch
eine alte Ölförder-Pumpe,
ein sogenannter „Pferdekopf“.
Kühkopf und Knoblochsaue - die Herkunft der Namen
Die karolingischen Herrschergeschlechter haben die hessischen Ländereien
großzügig in Bannforste aufgeteilt. "Forst" bedeutete damals nicht
"Wald", sondern "Königsland". Forste umfassten auch Siedlungen und
landwirtschaftlich genutzte Flächen.
Der Kühkopf bildete das nordwestliche Ende des kaiserlichen Bannforstes
Forehahi (Föhrenwald?), war also "Königsland". Die Halbinsel wies zudem
annähernd die Form eines Kopfes auf. Der Kühkopf war also "Königsland"
in Kopfform: Königsland-Kopf oder noch kürzer Königs-Kopf. König wurde
im mittelhochdeutschen "künec" gesprochen. Künec-Kopf schliff sich im
Laufe der Zeit ab zu "Kühkopf".
Die Knoblochsaue trägt den Namen der Familie von Knobloch, der das
Gebiet ende des 15.jahrunderts gehörte.
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Es gibt noch einen zweiten Kühkopf!
Etwa 100 Kilometer vom Kühkopf im Kreis Groß-Gerau entfernt, gibt es
kurz vor Koblenz noch einen Kühkopf. Es ist ein 382 Meter hoher Berg und
wie es der Zufall will, liegt nahe dabei das "Forsthaus Kühkopf". Dieses
steht einige Kilometer von Koblenz (Ortsteil Lay) entfernt, abseits der
Hunsrückhöhenstraße (B 327) alleine im Wald, praktisch in der Mitte
zwischen Mosel und Rhein. Erbaut wurde es in den Jahren 1843 bis 1845.
Urgeschichtliches bis Neuzeit
Bereits in erdgeschichtlich früher Zeit vor mehr als 30 Millionen Jahren
begann im Alttertiär ein schmaler Graben zwischen dem dem heutigen Basel
und Mainz in die Tiefe abzusinken. Diese Grabensenkung ging auch im
Verlauf der mittleren und jüngeren Tertiärzeit weiter, während sich die
Randgebiete (Taunus, Odenwald, Pfälzer Bergland, Donnersberg)
gleichzeitig anhoben. In diesen Graben strömte zunächst wohl Meerwasser
ein. Von ihm stammen beispielsweise vermutlich die Kalilager in Südbaden
und im Elsaß. Später wurde mit der Hebung der Randgebiete der Zustrom
von Meerwasser abgeschnitten und dieser frühere Meeresarm wurde im Laufe
der Jahrmillionen zu einem Süßwassersee, der sich allmählich mit den
Ablagerungen der einfließenden Ströme, Flüsse und Bäche auffüllte. Bei
den damals mindestens subtropischen Klima entwickelte sich ein ungemein
reiches Tier- und Pflanzenleben in diesen warmen Gewässern. Aus den
Sinkstoffen dieser Organismen sind die Erdöl- und Erdgaslager in der
Tiefe der Oberrheinebene entstanden. in dem nachflogenden Erdzeitalter
des Diluviums, gekennzeichnet durch mehrere Eiszeiten, war ais dem
einstigen Meer und späteren Binnensee im nördlichen Teil des
Oberrheingrabens eine versumpfte Landschaft von tundraähnlichem
Charakter entstanden, durchflossen vom Rhein und von den heutigen
Flüssen Neckar und Main, die damals in vielen Mündungsarmen, etwa in der
Gegend des heutigen Trebur, gemeinsam in den Rhein strömten. Hier in
einer fast undurchdringlichen Wildnis von Wald, Wasser, Sumpf, Moor und
Schilfbeständen fanden zahlreiche Großtiere der Vorzeit (u.a.
Höhlenbären, Mammut, Rhinozeros [2 Arten], Wildpferd, Riesenhirsch,
Breitstirnelch, eine Art Maralhirsch, Rentier, Auerochs, Wisent, Bison)
ideale Lebensbedingungen. Heute sind die meisten von ihnen ausgestorben.
Eine sehenswerte und außerordentlich reiche Sammlung von Zeugen dieser
diluvialen Tierwelt hat der ehemalige Bürgermeister Philipp Schäfer
(1893-1974) in dem Erfelder Heimatmuseum zusammengetragen und
ausgestellt. Dazu kommen noch viele Funde aus der Vor- und
Frühgeschichte des Mensche und aus der Jungsteinzeit. Nach dem Ende der
letzten Eiszeit vor rund 12000 Jahren dürfte etwa vor 6000 Jahren der
Mensch aus dem Gebiet der heutigen Neckarmündung in unserem Raum
eingewandert sein. Man kann aus den Funden dieser Jungsteinzeit (etwas
3500 bis 2500 v. Chr.) schließen, dass es sich bereits um Bauern
gehandelt hat, wenngleich sie sicher einen großen Teil ihres
Lebensunterhaltes aus dem Wild- und Fischreichtum bezogen. In der
nachfolgenden Bronzezeit und der anschließenden Eisenzeit drangen
Angehörige anderer Völker und Kulturen ein, wie aus Bodenfunden belegt
ist. Etwa 500 v. Chr. mögen es die Kelten gewesen sein, die um die
Zeitenwende hier mit den von Westen her kommenden Römern
zusammenstießen. Im Verlauf des 1. Jahrhunderts nach Christus waren die
Germanen in unserem Raum. Von dem Vorort der römischen Herrschaft am
Oberrhein, von Mainz, wurden Brückenköpfe auch auf dem rechtsrheinischen
Gebiet angelegt und eine Anzahl größerer Gutshöfe errichtet. Im Zuge der
Völkerwanderung waren zunächst die Alemannen Herren des Gebietes und
diese wurden wiederum nach der Schlacht bei Zülpich im Jahre 496 nach
Christus von den Franken verdrängt. Diese blieben nun an die Herren des
Gebietes. Unter ihrer Herrschaft entwickelte sich im Laufe der folgenden
Jahrhunderte die heutige Siedlungsform.
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