Erzhausen Figline e Incisa Valdarno Mnichovo Hradiste
  
Partnerschaftsverein Erzhausen e.V.
 

 

Stefano Scarpetta stammt aus Noventa Vicentina in (Nord-) Italien. Er lebt schon lange in Erzhausen und fühlt sich hier auch wohl. Seine Heimat Italien aber liebt er nach wie vor und macht oft Urlaub dort. Vor zehn Jahren traf er in Erzhausen Besucher vom italienischen Verein ARCI und vom Olivengut La Casuccia und freundete sich sofort mit ihnen an. Seitdem besucht er Valerio und Remo fast jedes Jahr.

In diesem Jahr wohnte er für einige Tage bei Leonardo im Olivenhain La Casuccia und half bei der Olivenernte. Dabei machte er viele Aufnahmen von der Olivenernte und der Olivenölgewinnung. Das Olivengut La Casuccia hat etwa 2200 Olivenbäume. Die Ernte dauert normalerweise bis zu drei Monaten, in diesem Jahr 2015 konnten alle Oliven wegen der sehr günstigen Witterung schon in etwa 6 Wochen geerntet werden. Stefano arbeitete die drei Tage zusammen mit insgesamt sechs weiteren Erntehelfern. Bei der Ernte muß man wegen der scharfen Blätter Handschuhe und eine Schutzbrille (!) tragen.
 

www.olivenoel-infos.com
Olivenernte und Erntemethoden
Die Art der Ernte der Oliven und insbesondere der Erntezeitpunkt beeinflussen maßgeblich die spätere Qualität des Olivenöls sowie dessen Geschmack und sind daher extrem wichtige Faktoren bei der Produktion eines erstklassigen Olivenöls der Kategorie Extra Vergine. Je nach Anbaugebiet und Qualitätsbewusstsein findet die Olivenernte ab Ende September bis teilweise in den März hinein statt.
Ein echtes Olivenöl Extra Vergine kann nicht günstig sein. Denn zwischen 70% und 80% der Kosten, die bei der Herstellung entstehen, entstehen durch die Olivenernte. Auch heute noch ist hierbei massiv manueller Aufwand im Spiel, auch wenn sich die maschinelle oder semi-maschinelle Erne inzwischen weitgehend durchgesetzt hat.

Olivenernte per Hand
Bei dieser Methode werden die Oliven im wahrsten Sinne des Wortes per Hand vom Baum gepflückt bzw. von den Zweigen der Olivenbäume gestreift und in einer Art „Umhängetasche“ gesammelt. Teilweise kommen hierbei kleinere Hilfsmittel wie z.B. kleine Rechen zum Einsatz. Dies ist sicherlich die schonendste Methode für Baum und Oliven, da beide hierbei keine Verletzungen erleiden, wird aber aus Kostengründen meist nur von Qualitätsproduzenten oder für Tafeloliven angewendet.

Ernte der Oliven mit pneumatischen Kämmen oder „Vibroli“
In den letzten Jahren kommen v.a. bei Qualitätsproduzenten zunehmend mechanische Geräte wie z.B. pneumatische Kämme oder „Vibroli“ (eine Art Stange mit sich bewegenden etwa 20 Zentimeter langen Stäbchen) zum Einsatz welche die Ernte von Hand unterstützen und die weder den Olivenbaum noch die Oliven schädigen. Diese Methoden sind sehr hilfreich und beschleunigen den Ernteprozess.

Olivenernte mit Rüttelmaschinen
Seit einigen Jahren kommen bei der Ernte der Oliven auch sog. „Rüttelmaschinen“ zum Einsatz, welche an Traktoren montiert werden. Wie das Wort „Rüttelmaschinen“ impliziert, werden die Oliven bei dieser Erntemethode durch das Rütteln des Olivenbaums mit einem Rüttler, der den Stamm des Baumes mit einer Zange greift, vom Baum „gerüttelt“ und in darunter gespannten Netzen oder Planen aufgefangen. Nachteil dieser Erntemethode liegt v.a. darin, dass sie nur im flachem Gelände eingesetzt werden kann und im steilen Gelände nicht anwendbar ist. Zudem lassen sich einige Olivensorten durch diese Erntemethode nicht vom Baum lösen. Vorteil dieser Methode ist, dass die Oliven gesund bleiben und nicht beschädigt werden.

„Ernte“ vom Boden
Die am wenigsten geeignete Methode, hochwertiges Olivenöl (Olivenöl Extra Vergine) zu gewinnen ist, Oliven solange am Baum hängen zu lassen, bis diese überreif zu Boden fallen, von wo sie dann aufgelesen werden. Die überreifen Oliven haben dabei schon längst den idealen Erntezeitpunkt überschritten. Werden Oliven zunächst vom Baum geschüttelt, um dann einige Zeit später aufgelesen zu werden, fangen diese relativ schnell an, am Boden zu faulen oder Stoffe aufzunehmen, die den Geschmack negativ beeinflussen.

Studien zeigen, dass schon eine Vermischung von nur 5% vom Boden aufgelesener Oliven mit frischen Oliven vom Baum die Qualität eines Öls so stark beeinträchtigt, dass oftmals die Güteklasse „Nativ Extra“ nicht mehr erreicht wird.

Olivenernte durch „Herabschlagen“
Eine traditionelle Art der Ernte ist das Herabschlagen der Oliven mit langen Bambusstangen und Stöcken aus Zypressenholz. Diese Art Oliven zu ernten ist jedoch nur dann möglich, wenn die Oliven schon sehr reif sind und daher leicht herabfallen. Die heruntergeschlagenen Früchte werden in einer Art Sieb von Zweigen und Ästen getrennt, in Säcke oder Kisten gefüllt und zur nächsten Olivenpresse gebracht. Besonders der Olivenbaum, aber auch die Oliven können bei dieser Methode verletzt werden, was die Qualität des Olivenöls negativ beeinflussen kann. Da diese Methode manuell ausgeführt wird, ist der Ernteertrag pro Person relativ gering. Zudem ist sie relativ mühsam und mit großer körperlicher Anstrengung verbunden.

Zeitpunkt der Olivenernte
Da der Reifegrad der Oliven maßgeblich den Geschmack und die Intensität, aber auch über die Menge des Ertrags beeinflusst, ist der Zeitpunkt der Ernte einer der wichtigsten Faktoren bei der Produktion eines hochwertigen Olivenöl Extra Vergine. Grob kann man festhalten, dass das Olivenöl umso intensiver und umso schärfer wird, je früher – also grüner – die Oliven geerntet werden. Auch der Gehalt an wertvollen, gesundheitsförderlichen Stoffen, ist bei diesen Olivenölen tendenziell höher. Je später – also je schwärzer – die Oliven geerntet werden, desto milder wird das gewonnene Olivenöl. Um den idealen Zeitpunkt zu bestimmen, bedienen sich einige Qualitätsproduzenten auch chemischer Analysen, welche Aufschluss über den Zuckergehalt in den Oliven sowie die enzymatische Aktivität geben, welche möglichst gering sein sollte. Auch die Menge bzw. der Ertrag von später geernteten Oliven ist in der Regel höher, da diese dann einen höheren Ölgehalt aufweisen. Der Gehalt an wertvollen Inhaltsstoffen – wie z.B. Antioxidantien – ist hier dann jedoch relativ gering.

Der Reifegrad
Der Reifegrad der Oliven hängt dabei von der Sorte, den Temperaturen, den Sonnenstunden und der Bewässerung ab. Man unterscheidet zwischen drei Reifestadien der Oliven:
Grün (unreif): Solange Oliven grün sind, sind sie noch unreif. Aus grünen Früchten Olivenöl zu extrahieren erfordert mehr Aufwand und bedeutet einen geringeren Ertrag. Das macht ein „grünes“ Öl auch automatisch teurer. Aus grünen Oliven gewonnenes Olivenöl schmeckt auch „grün“, d.h. eher bitter (eines der drei positiven Merkmale eines Öls) und nach Gras mit unreifen Fruchtnoten, die eine tolle Frische ergeben. Diese Öle enthalten einen hohen Anteil an den sehr gesunden Polyphenolen (antioxidative Bestandteile), die den bitteren Geschmack ausmachen und eine sehr lange Haltbarkeit des Olivenöls garantieren, da sie als natürliche Konservierungsstoffe funktionieren. Auch der Chlorophyll-Gehalt ist bei grünen Früchten höher, so dass die Öle eine stärker ausgeprägte grüne Farbe haben.
Reifebeginn: Beim Beginn der Reifephase färben sich Oliven erst gelb-grün, dann rötlich-violett und die Früchte werden weicher. Die Oliven haben dann noch immer einen hohen Polyphenol-Gehalt, entwickeln aber langsam etwas reifere Geschmacksnoten neben der Bitterkeit sowie eine gewisse Schärfe (ebenfalls eines der drei positiven Merkmale). Der Ertrag von Olivenöl aus diesen Früchten ist sehr viel höher und die Verarbeitung einfacher.
Schwarz (reif): Reife Oliven nehmen eine schwarze Farbe an, der Polyphenol-Gehalt ist deutlich geringer als bei unreifen Früchten. Öle aus schwarzen Oliven sind nur wenig bitter und scharf mit süßlichen Noten. Die Öle haben eine eher goldene Farbe (abhängig von der Olivensorte) und eine geringere Haltbarkeit.

(Es gibt aber auch Olivensorten, die auch im reifen Zustand noch grün sind).

Montag, der 2. November 2015

Am Morgen des 2. Novembers standen alle im Olivenhain La Casuccia schon früh auf. An diesem Tag sollte es sehr viel Arbeit geben  -  die Olivenernte sollte deshalb auch sehr früh beginnen.

Noch vor Beginn der Olivenernte ein Blick über das Anwesen La Casuccia.

Der Olivenhain La Casuccia in der Gemeinde Castelfranco di Sopra ist ein "Agriturismo", was soviel wie Urlaubsbauernhof bedeutet. La Casuccia bietet also Urlaubern bzw. Touristen Unterkunft mit Halb- oder Vollpension, sie können sich in den Ferienwohnungen aber auch selbst verpflegen. Von La Casuccia aus gibt es sehr viele attraktive Urlaubsziele in der Toscana in überschaubarer Entfernung (z.B. Florenz, Siena, San Gigminiano usw.).

Unter den Olivenbäumen werden feinmaschige Netze ausgelegt. Dann werden die Oliven mit der Hand oder mit kleinen kammartigen Werkzeugen abgestreift, sie fallen dann auf die Netze und werden schließlich von da in Kisten und Körbe umgefüllt.

Wenn man die Äste nicht so einfach erreichen kann, werden zum Abschütteln der reifen Oliven pneumatische Kämme oder „Vibroli“ (eine Art Stange mit sich bewegenden etwa 20 Zentimeter langen Stäbchen, an einen großen Akku angeschlossen) verwendet (siehe Bild).

Im Olivenhain stehen auch zwei Bienenvölker (linkes Bild). Im rechten Bild sieht man ein „Vibroli“ zum Abschütteln der Oliven.

Nach dem Ende der Erntearbeiten des heutigen Tages machte Stefano einen Besuch im Keller des Olivengutes La Casuccia, wo in Edelstahltanks bereits größere Mengen neues Olivenöl unter Luftabschluß gelagert sind, damit sich die feinen, festen Schwebeteilchen absetzen können und das Öl klar wird. Für Stefanos Rückkehr nach Erzhausen füllte Leonardos Sohn hier schon mal mehrere Kanister und Flaschen mit dem "Olivenöl Extra Vergine".



Auf den Regalen lagerten auch viele reife Weintrauben (im Bild unten nicht so gut erkennbar), die hier nach etwa 2 Monaten den größten Teil des Wassergehaltes verlieren. Dann werden sie gekeltert und zu dem sehr süßen Dessertwein "Vino Santo" vergoren. Der Wein hat einen recht hohen Alkoholgehalt von 14 bis 15%.

In den kleinen Holzfässern lagerten mehrere (Rest-)Jahrgänge (von 2010 bis 2014) des Dessertweins "Vino Santo".

 

Dienstag, der 3. November 2015

Am nächsten Tag wurde wie schon am Vortag recht früh morgens mit der Ernte begonnen. Ein leckeres Spaghetti-Gericht gab es in der Mittagspause, bevor weiter bis zum Abend die Oliven geerntet wurden.

In der Toscana erntet man immer grüne und schwarze Oliven gleichzeitig und bringt sie auch zusammen zur Ölmühle. Das soll dem Olivenöl Extra Vergine aus der Toscana den unverwechselbaren besonderen Geschmack verleihen.

Mit diesem kleinen "Plastik-Rechen" kann man die Oliven von den Zweigen abstreifen.

Am späteren Nachmittag kamen Freunde von Stefano zu Besuch.
Frau Pini (Gattin von Leonardo) bereitete ein leckeres Abendessen.

 

Mittwoch, der 4. November 2015
Heute werden die an den beiden Vortagen geernteten Oliven zur Olivenöl-Mühle gebracht und dort zu Olivenöl verarbeitet. Aus 100kg Oliven gewinnt man etwa 6 bis 9kg Olivenöl. Dabei darf die Temperatur nicht höher als 24°C sein, damit das Öl als "kalt gepresst" gilt.

Die Fuhre Oliven wird zunächst gewogen:

Dann werden die Oliven zur Verarbeitung in den Verarbeitungskreislauf gebracht. Zu Beginn des Vorgangs werden Fremdkörper, wie z.B. Blätter mit einem Gebläse entfernt und die Oliven anschließend in einem Wasserbad gewaschen. In einer Hammermühle oder einem Mahlwerk bzw. Schneidwerk werden die Oliven zusammen mit ihren Kernen zerkleinert. Dieser Olivenbrei wird anschließend in den Knetwerken gerührt und bearbeitet, damit sich die verteilten feinen Öltröpfchen zusammenschließen und sich mit Aromen, Polyphenolen und anderen nicht-fetten Substanzen der Olive anreichern. Über eine Zentrifuge wird dann die Flüssigkeit von der festen Masse getrennt. Das hieraus gewonnene Olivenöl ist abhängig vom Reifegrad der Oliven grasgrün bis goldgelb. Qualitätsproduzenten filtern das Olivenöl entweder sofort nach dem Zentrifugieren oder füllen es in große Edelstahltanks unter Sauerstoffausschluss ab und lagern es dort über mehrere Wochen, bis sich die während des Produktionsprozesses entstandenen kleinen Teilchen (Schwebstoffe) abgesetzt haben. Erst dann kann das Olivenöl Extra Vergine in Flaschen abgefüllt und verkauft werden.

Im rechten Bild sieht man den "Oliven-Brei", der eine zeitlang gerührt und durchgeknetet wird.

Hier ganz rechts die Olivenkerne, die abgesondert werden und Brennzwecken dienen. Der beim Zentrifugieren übrig bleibende feste Anteil wird zu Biogasanlagen gebracht. Die Olive wird also zu 100% verwertet!

Und hier läuft jetzt endlich das (noch etwas trübe) Olivenöl aus der Anlage
heraus. Je nach dem Reifegrad der Oliven ist das Öl grasgrün bis goldgelb.
 

Im rechten Bild sieht man die Ausbeute der beiden letzten Tage: 267,7kg Olivenöl Extra Vergine! Daraus kann man abschätzen, dass die Olivenmenge, die während der beiden Tage geerntet und heute zur Ölmühle bebracht worden war, zwischen etwa 3 und 4 Tonnen betrug.

 

Wieder daheim in Erzhausen

Mit der Erinnerung an die Gastfreundschaft von Leonardo und seiner Frau und an viele schöne Erlebnisse ist Stefano inzwischen wieder zuhause in der Hauptstraße von Erzhausen angekommen. Fragt man ihn, dann beginnt er zu schwärmen von der schönen und lehrreichen Zeit im Olivenhain La Casuccia, und natürlich gibt  er die klare Empfehlung ab für alle, die demnächst in die Toscana fahren wollen, im wunderschön gelegenen Haus von Leonardo zu wohnen. Und ein "heißer Tip" von mir an alle, die ein sehr gutes Olivenöl lieben: besuchen Sie doch Stefano in seinem Haus in Erzhausen  -  vielleicht hat er noch eine Flasche Olivenöl Extra Vergine von La Casuccia zu vergeben! In dem Metallbehälter (siehe unten) sind ja immerhin 30 Liter Olivenöl enthalten!